Nina - La Rochelle

Mein Studium in Frankreich, La Rochelle

Bereits in der Schulzeit habe ich gelernt, dass in Frankreich das "savoir vivre", die Kunst das Leben zu genießen, erfunden und perfektioniert wurde. In der elften Klasse nahm ich bereits an einem zweimonatigen Schüleraustausch im Rahmen des Brigitte Sauzay Programms, welches vom deutsch-französischem Jugendwerk organisiert wird, teil. Ich war danach so begeistert von der französischen Kultur, dass ich beschloss, zumindest einen Teil meines Studiums in Frankreich zu verbringen.

Bei genauerer Recherche habe ich das Programm der deutsch-französischen Hochschule entdeckt, welche ein Studium in zahlreichen Fachrichtungen anbietet. Dieses schließt man sowohl mit einem deutschen als auch mit einem französischen Diplom ab. Das Programm wird von verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland angeboten, die jeweils eine oder mehrere Partnerhochschulen in Frankreich haben.

Bewerbung für das deutsch-französische Studium

Da ich mich für ein BWL-Studium entschieden habe, konnte ich zwischen mehreren Standorte auswählen. Meine Bewerbungen habe ich direkt in meine Wunschhochschule nach Regensburg mit der Partnerstadt La Rochelle geschickt. Die einzureichenden Unterlagen waren ein Motivationsschreiben, das Abiturzeugnis, ein Nachweis über meine Französisch-Kenntnisse und eventueller Auslandsaufenthalte oder Praxiserfahrungen. Nach der Bewerbungsphase wurde ich zu einem Eignungstest eingeladen und ein paar Tage später habe ich bereits die Zusage bekommen.

Allgemeine Voraussetzungen für ein Studium

Die Voraussetzungen für ein Studium in Frankreich sind genauso wie in Deutschland von der Hochschule und der gewünschten Fachrichtung abhängig. Als Ausländer ist es auf jeden Fall erforderlich, ausreichende Sprachkenntnisse zum Beispiel in Form eines Sprachzertifikats (DELF/DALF) oder einer erfolgreichen Teilnahme am Französisch-Leistungskurs nachzuweisen.

Grundsätzlich sind alle Studiengänge, sogar Medizin oder Psychologie, zulassungsfrei, denn die Prüfungen sind in der Regel im ersten Jahr so anspruchsvoll, dass nicht geeignete Kandidaten direkt ausgesiebt werden. Hat man keine allgemeine Hochschulreife, sondern nur ein Fachabitur, ist der Test für das "Diplôme daccès aux études universitaires" (DAEU) abzulegen, um an einer französischen Universität zugelassen werden zu können.

Eine Sonderform der Universität, die wir in Deutschland nicht kennen, ist die Grande École, eine Elitehochschule mit relativ hohen Studiengebühren. Um dort zugelassen zu werden, muss man eine Aufnahmeprüfung, den sogenannten Concours, bestehen. Da dieser sehr anspruchsvoll ist, besuchen die meisten Kandidaten zuvor die zweijährige Vorbereitungsklasse "classe préparatoire", die auch als Studium angerechnet wird. Für ein Auslandsemester in Frankreich müssen die Sprachkenntnisse in der Regel nicht perfekt sein. Genauere Informationen zum Bewerbungsverfahren erhält mal im Akademischen Auslandsamt seiner Hochschule.

Welche Formalitäten sind zu erledigen?

Für das deutsch-französisches Studium bewirbt man sich mit den benötigten Unterlagen direkt bei der Universität in Deutschland. Will man in eine bestimmte Stadt in Frankreich, kann man sich bei allen Partnerhochschulen in Deutschland bewerben. Soll das komplette Studium in Frankreich absolviert werden, erfolgt die Bewerbung über eine zentrale Stelle, die Admission Post Bac (APB). Dort hat man bis zum 20. März Zeit sich einzuschreiben und die benötigten Unterlagen sind bis Anfang April einzureichen. Den gewünschten Studiengang kann man jedoch noch bis Ende Mai bearbeiten.

Die APB ist Anlaufstelle für alle Bewerbungen sowohl für die regulären Universitäten, als auch für die Fachhochschulen, für die Grandes Ècoles und die Classes préparatoires. Manche Universitäten haben jedoch auch noch ein eigenes Zulassungsverfahren, deshalb sollte man sich vor der Bewerbung genau informieren.

Welche Hürden waren zu nehmen?

Für den Eignungstest musste ich sowohl meine Sprachkenntnisse als auch ausreichende Landeskunde nachweisen und im anschließenden Gespräch von meiner Motivation für ein Studium in Frankreich überzeugen.

Für ein komplettes Studium in Frankreich muss man zunächst einmal den Bewerbungsprozess auf Französisch bewältigen, was selbst bei guten Französisch-Kenntnissen eine Herausforderung ist. Für die Anerkennung der deutschen Dokumente ist oftmals eine beglaubigte Übersetzung erforderlich.

Wohnungssuche in Frankreich

Bevor das Studium in Frankreich dann beginnen konnte, musste zunächst einmal eine Wohnung gefunden und die Anreise organisiert werden. Genau wie in Deutschland hat man in Frankreich die Möglichkeit, in Studentenwohnheimen unterzukommen. Eine Organisation, an die man sich bei der Wohnungssuche wenden kann, ist CROUS oder man schickt sein Bewerbungsdossier einfach direkt an das gewünschte Studentenwohnheim.

Ich hatte die Möglichkeit in einem Wohnheim zu wohnen, hätte mir jedoch das Zimmer mit einer anderen Person teilen müssen. Deshalb habe ich lieber 30 Euro mehr für ein WG Zimmer bezahlt. In Tourismus Städten wie La Rochelle ist es kein Problem, eine möblierte Wohnung für ein Jahr zu finden, da Besitzer von Ferienwohnungen diese außerhalb der Tourismussaison ihre Wohnungen gerne an Studenten vermieten, welche die Wohnung nach einem Jahr wieder verlassen.

Über Internetseiten wie www.appartager.fr oder www.leboincoin.fr findet man Anzeigen für Wohnungen und WG Zimmer. Als Student in Frankreich, egal welcher Nationalität, hat man Anspruch auf Wohngeld, welches durch die CAF (Caisse d'allocations familiales) bewilligt wird.

Studenten-Alltag und Unterschiede zu Deutschland

In Frankreich ist das Studium viel verschulter als in Deutschland. Man schreibt auch während des Semesters Prüfungen und hat viel mehr Vorträge, Gruppenarbeiten und auch der Unterricht selbst wird interaktiver gestaltet. Wir an der Sup de Co (Fachhochschule für Wirtschaftswissenschaften) hatten während des Studiums keinen festen Stundenplan, sondern oftmals Blockvorlesungen und konnten den Plan für die nächsten Wochen immer ein paar Wochen zuvor einsehen.

Oftmals gab es auch kurzfristige Änderungen, weshalb das Studium in Frankreich etwas chaotischer ablief als in Deutschland. Die Prüfungen am Ende eines Trimesters fanden alle innerhalb von einer Woche statt, was das Lernen sehr stressig gemacht hat. Inhaltlich waren die Prüfungen jedoch weniger anspruchsvoll als in Deutschland.

Kosten für Studium, Wohnen, Lebenshaltung und Freizeit

In Frankreich sind die Lebenshaltungskosten allgemein etwas höher als in Deutschland. Insbesondere für Paris sollte man ein größeres Budget mitbringen. Auch in den Tourismusregionen wie der Atlantikküste und der Côte d'Azur sind die Kosten für Miete und Ausgehen höher als im Rest des Lands. Die Kosten für Kleidung und Lebensmittel sind in etwa mit Deutschland vergleichbar, Restaurant oder Bar sind in Frankreich jedoch sehr viel teurer. Für den Transport gibt es eine Art Bahncard für junge Leute (Carte 12/25), mit der man beim Zugfahren viel Geld sparen kann.

Kulturelles Leben in Frankreich

Der meines Erachtens nach größte Vorteil für Jugendliche und Studenten in Frankreich ist der freie bzw. stark vergünstigte Eintritt für zahlreiche Ausstellungen und Museen. In diesem Land wird die Kultur gefördert und ein eingeschränktes Budget soll junge Leute nicht daran hindern, an kulturellen Aktivitäten teilzunehmen. In der Hauptstadt gibt es für jeden Geschmack das richtige, aber auch die anderen Städte bieten eine große Variation an kulturellem Angebot.

Meine Freizeit in La Rochelle

Da La Rochelle direkt am Atlantik liegt, bietet es sich an, sämtliche Wassersportarten auszuprobieren. Über die Universität konnten wir segeln, surfen und Wind surfen lernen. Ich habe mich für den Surfkurs entschieden. Nach viel Üben gelang es mir sogar auf dem Brett zu stehen, was mit eines der Highlights meines Frankreichaufenthaltes war. Daneben habe ich mit Freunden Radtouren und Ausflüge in die umliegenden Städte Nantes, Bordeaux und Toulouse unternommen und habe natürlich auch von der französischen Küche profitiert.

Schwierigkeiten beim Studium

Natürlich gab es trotz bereits vorhandener Sprachkenntnisse Probleme bei der Verständigung und vor allem zu Beginn war es schwer, den Vorlesungsstoff auf Französisch zu pauken. Auch die Kommunikation zwischen deutscher und französischer Hochschule war nicht immer optimal, sodass nicht immer klar war, welche Vorlesungen eigentlich besucht werden sollen. Aber trotz einiger Probleme bin ich um viele Erfahrungen reicher geworden und habe eine wundervolle Zeit in Frankreich verbracht.